Submitting Campus
Worldwide
Department
Security and Emergency Services
Document Type
Article
Publication/Presentation Date
5-1999
Abstract/Description
Die politischen ebenso wie die politologischen Debatten über die Zukunft der NATO begannen schon bald, sich vornehmlich um die Bündniserweiterung und um den gemeinsamen Ausgriff im robusten Konfliktmanagement zu drehen. Diese wichtigen Dimensionen der Zukunft der Allianz und ihrer Rolle bei der Friedenssicherung in und für Europa dürfen aber eine andere, ebenfalls grundlegende Dimension nicht übersehen lassen: die politischen Beziehungen innerhalb der Allianz und die Selbstpositionierung der Allianz gegenüber anderen internationalen 'Sicherheitsinstitutionen'. Dieser Aspekt ist nach dem Madrider Gipfel vom Juli 1997, auf dem die dann im März 1999 erfolgte Erweiterungsrunde beschlossen wurde, zu sehr in den Hintergrund geraten. Doch er ist entscheidend für die politische Zukunft und für die kollektive Handlungsfähigkeit einer erweiterten und um neue Funktionen ergänzten NATO.
Die folgende Untersuchung betrachtet deshalb die erste Welle der Anpassung der NATO an die Bedingungen und Herausforderungen post-strategischer Sicherheit und Sicherheitspolitik: die interne Anpassung der Allianz zwischen 1990 und 1997. Dabei verbindet die Arbeit politisch-praxeologische mit theoretisch-methodischen Fragestellungen (was ist ein geeigneter Bezugsrahmen für die Untersuchung der NATO mit ihrem Wandel zu einer genuinen 'Sicherheitsinstitution' mit dem Trend zu einem eigenen, von dem ihrer Mitgliedstaaten in wichtigen Stücken unterscheidbaren politischen Willen und einer eigenen politischen Identität?). Eine Empfehlung für die erweiterte Allianz ist, im Rahmen der neuen sog. Artikel-4-Operationen keine allzu breitgefächerten politischen Verantwortlichkeiten und wertpolitischen Verpflichtungen im Bereich der Friedenssicherung zu übernehmen oder allianzpolitisch nur noch sicherheitsgemeinschaftliche Identitätsbildung zu betreiben, sondern sich auf bestimmte und klar umrissene Funktionen in der post-strategischen Sicherheitspolitik in und für Europa zu konzentrieren.
Wenngleich zu erwarten steht, daß komplexes Konfliktmanagement in den nächsten Jahren die operative Hauptaufgabe der NATO sein wird, ist es ihr nämlich nicht anzuraten, sich zu weit von ihrem harten Funktionskern zu entfernen oder sich übermäßig zu 'politisieren' und allzusehr als Agentur politischen Krisenmanagements aufzutreten. Eine Überpolitisierung könnte die Funktionen und den Charakter ihrer militärischen Organisationsstruktur aufweichen und dadurch auf die Dauer bei den Mitgliedern, gerade auch den neuen, das Interesse an Integration und die Bereitschaft zu einem realistischen Verteidigungsbeitrag und zu Selbstverpflichtung gegenüber der Allianz schwächen. Gleiches stünde zu erwarten, wenn die NATO sich mehr und mehr vorrangig als Wertegemeinschaft und Integrationsordnung beschreiben würde.
Demgegenüber liegt eine grundlegende politische Herausforderung für die Allianz und ihre alten wie neuen Mitgliedstaaten darin, die paradoxen Folgen ihres Erfolgs zu bewältigen. Für nahezu ein halbes Jahrhundert hat sich die NATO als transatlantischer und darüber hinaus weltpolitischer Stabilitätsanker gegenüber der Bedrohung durch den Warschauer Pakt erwiesen. Dies auch deshalb, weil es immer wieder gelungen ist, transatlantische Beziehungskrisen gemeinsam zu meistern und Kompromisse zu finden, die Bündniskonflikte beilegten und zugleich Richtungen für die Weiterentwicklung und den Wandel der Allianz vorzeichneten. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Entwicklung der europäischen Regionalordnung insgesamt und die Vertiefung der westeuropäischen Integration. Diese Fähigkeit zu integrativer Konfliktregelung und zu gemeinsamen Richtungsentscheidungen, die zugleich auch Richtungsentscheidungen über die politische Handlungsfähigkeit eines sich weiter integrierenden Europas sind, gerade auch unter den veränderten Bedingungen aufrechtzuerhalten und zusammen mit den neuen Mitgliedern fortzuentwickeln (und in diesem Sinn durchaus eine handlungsfähige Wertegemeinschaft zu bilden), ist der Test für die Stellung der NATO in der Ära post-strategischer Sicherheitspolitik und im entstehenden Gesamteuropa.
Sponsorship/Conference/Institution
NATO - The First Fifty Years: From Security of the West to Securing Peace in Europe
Location
Brussels (NATO HQ) and Bonn (Stresemann Institute)
Number of Pages
31
Scholarly Commons Citation
Siedschlag, A. (1999). NATO’s Institutional Adaptation and Post-strategic Security in Europe, 1990-97: Political Challenges and Theoretical Considerations. , (). Retrieved from https://commons.erau.edu/publication/1848
Included in
Defense and Security Studies Commons, International Relations Commons, Peace and Conflict Studies Commons
Additional Information
The abstract of this report is in German, but the body of the report is in English.
Dr. Siedschlag was not affiliated with Embry-Riddle Aeronautical University at the time this paper was published.